El Calafate – Perito Moreno – Pablo´s Werkstatt

 

 

Am 25. März 2018 geht es für uns weiter – und zwar nicht wie ursprünglich geplant zum zweiten der Tres Lagos, El Chalten, sondern gleich direkt nach El Calafate. Wir benötigen schneller als gedacht technische Hilfe für unser langsam zum Cabrio mutierendes Zebra. Wind und Pisten zerren so sehr am Dachträger, dass die Schweißnähte an der A-Säule bzw. der Dachrinne an beiden Seiten reißen – und zwar immer weiter. Ein Cabrio-LKW wäre mal was anderes, aber nicht für die Reise durch das windige Patagonien. Der ganze Ort El Calafate ist auf Tourismus ausgerichtet, nicht viele Leute hier arbeiten NICHT für den Tourismus, die Dichte an Mechanikern ist groß – mit ein bisschen Glück finden wir einen guten Schweißer.

 

Bei Ankunft geht gleich unsere Suche los und wir fahren ein paar der Mechaniker an. Gut – es ist Sonntag, sie dürften nicht auf uns gewartet haben, denn keiner ist da. Also stellen wir uns an den Strand des Lago Argentino und kommen ins Gespräch mit dem einzigen anderen Overlander, einem Franzosen. Er reist mit Frau und 3 Töchtern in einem Mercedes LKW. Die Mädels werden auf der Reise von den Eltern unterrichtet – geplante Reisezeit und Ziel ist ähnlich wie bei uns: 2 Jahre und Alaska.

 

Am nächsten Morgen nach dem Frühstück geht unsere Suche weiter. Wir landen schließlich bei einer Werkstatt mit guten Referenzen, hier empfiehlt man uns den „Best Schweißer in Town“ – Pablo. Als wir bei Pablo ankommen, steht bereits ein anderer Overlander in seinem Hof – ein Amarok mit Absetzkabine – es ist nicht schwer zu erraten, dass der vermutlich ein Problem mit dem Rahmen hat. Wir versuchen Pablo unser Problem zu erklären und er versucht uns zu erklären, dass er mit dem Amarok länger zu tun haben wird. Na gut – dann fahren wir zuerst zum Gletscher Perito Moreno, die Straßen sind ohnehin asphaltiert und daher Zebra-freundlich und kommen in 2 Tagen wieder. Diese Variante findet auch bei Pablo Gefallen und wir ziehen wieder los zum Lebensmitteil Einkauf und fahren dann gleich bis kurz vor das Nationalparkgebiet des „Parque Nacional de los Glaciares“.

 

Wir haben eine ruhige Nacht und wollen am nächsten Tag gleich beim Öffnen des Parks vor Ort sein. Wenn man sich ein bisschen Zeit nehmen möchte dann braucht man hier schon einen ganzen Tag. Um ca. 9.00 sind wir beim Eingang – die ersten und einzigen – wir sind voller Vorfreude und da kommt sie, die übliche Frage nach dem Haustier. Ja haben wir – einen Hund. Aber er ist gesund, diszipliniert und wir lassen ihn während des Besuchs im Auto. Nein, das geht nicht. Wir dürfen nicht rein mit dem Hund. Der Europäische Heimtierausweis interessiert nicht, das Ausbildungsbuch ebenso nicht und auch nicht, dass er ein Suchhund ist. Alles egal. Das Versprechen Gizmo im Auto zu lassen – auch egal – wir dürfen nicht rein. Wir sind verzweifelt. Was sollen wir nun tun – der Zugang zum Gletscher befindet sich in 30 km. Gehen ist ein bissl weit vielleicht? Die Herren am Tor deuten mit einer Armbewegung auf die nun langsam eintrudelnden anderen Fahrzeuge: wir sollen doch wen fragen, ob er uns mitnimmt. Na toll. Die meisten Touristen um diese Zeit sind Einheimische bzw. Latinos aus anderen Teilen des Kontinents – also spanisch sprachig. Wie sollen wir denen erklären, was unser Problem bzw. Begehr ist? Im ersten Moment wollen wir wieder abfahren. Aber wir schlucken den ersten Frust runter – wir wollen unbedingt zum Gletscher – der Perito Moreno soll im Herbst seinen besonderen Reiz haben – wir wollen da rein. Ok – wir parken das Zebra an die Straße vor den Eingang (wir dürfen unser Fahrzeug nicht mal beim Eingangsgebäude stehen lassen, wo es sicherer wäre, da sich ein Hund drin befindet – wir müssen die paar Meter vor das Eingangstor (und uns wirklich zusammenreißen und die Zähne zusammen beißen). Dann stellen wir uns neben das Nationalpark Personal und die kleine Autoschlange und überlegen, wen wir fragen. Nur PKWs. Keine Overlander. Da – ein Landy – schaut nach Overlander aus. Wir fragen und bekommen auch eine Antwort und das auch noch auf Englisch (das hätte uns schon stutzig machen sollen). Der Fahrer erklärt uns, dies ist eine Privattour für die beiden Herrschaften und man darf keine anderen nicht zahlenden Gäste mitnehmen. Pff – na toll. Gut – wir schauen mal, was da noch so vorbei fährt. Da in diesem Land fast alle PKWs verdunkelte Scheiben haben, ist es ohnehin fast unmöglich, irgendwie Blickkontakt aufzunehmen oder wen anzulächeln. Wir hassen es. Dann kommt ein junges argentinisches Pärchen mit einem älteren GOL an (ja GOL, nicht GOLF – gibt es in Europa nicht) – das Auto hat keine dunklen Scheiben. Wir schauen freundlich (ja, das können wir auch!) und fragen und Halleluja – die beiden sind so nett und nehmen uns mit. Juhuuu!

 

Wir haben es dann letztlich nicht bereut, den Ausflug gemacht zu haben. Der tolle Tag am und um den Gletscher hat uns versöhnt. Das Wetter war ein Traum – wie an den anderen touristischen Orten - ganz wenig Leute. Wenn hier im Hochsommer die Bustouristen durchziehen wäre dieser tolle Platz sicher nicht ganz so toll. Die Kombination aus Herbstlaub und ewiges Eis – wunderschön. Der komplette Park ist auf Stegen angelegt. Auf den zweiten Blick nicht lieblos und brutal durch die Landschaft getrieben, sondern um die alten Bäume und landschaftlichen Gegebenheiten herum. Man betritt so nie das Areal und die Natur bleibt so unberührt wie möglich. Es gibt „Trails“ in verschiedenen Schwierigkeitsgraden, so kann das Areal von Familien mit Kindern, Personen mit besonderen Bedürfnissen, älteren Herrschaften und denen, die sehr gut zu Fuß sind genutzt werden. Wir verbringen fast den ganzen Tag im Areal, teilweise sind wir ganz alleine auf den Plattformen. Ab ca. 15.00 geht das „Kalben“ los und will bis zu unserem Verlassen des Parks nicht mehr aufhören. Aber trotzdem, wir müssen zurück, wer weiß, wie lange es dauert bis wir jemanden finden, der uns wieder mitnimmt.

 

Wir setzen uns erstmal am Parkplatz auf ein Mäuerchen und holen Luft, schauen ein bisschen unschuldig umher. Neben uns sitzt eine Familie und trinkt Maté. Die Frau spricht uns plötzlich an (ja wirklich – SIE uns) und macht uns auf den zahmen Fuchs am Parkplatz aufmerksam, der da faul in der Sonne liegt. Wir kommen näher zum Fotografieren und ja, es liegt auf der Hand, wir packen die Gelegenheit am Schopf: Wir fragen den Sohn, ob er Englisch kann – nur „un poco“ – hm – wir versuchen es mit unserem pocito Spanisch und erklären ihm, dass unser Auto beim Eingang des Parks steht, weil unser Hund nicht rein darf. Und dass uns am Morgen freundliche Menschen mitgenommen haben und dass wir wieder freundliche Menschen suche, die uns in die andere Richtung mitnehmen – zurück zu unserem Auto und dem Hund. Die Mutter versteht gleich mal, dass sie unseren Hund mitnehmen sollen – der angeblich ein poco-Englisch-sprechende Sohn versteht überhaupt nichts. Wir sind verzweifelt. Wir probieren es nochmal – nach 3 Versuchen wissen die drei, wir sind keine autostoppenden Psychos sondern auf Weltreise und unser Hund musste im Auto draußen bleiben – daher haben wir kein Auto. Man erklärt uns, man wolle nur den Maté fertig trinken und dann würde man fahren und uns mitnehmen. Wir freuen uns – wobei ganz sicher sind wir nicht, ob wir das auch verstanden haben, aber nachdem kurz danach die Auto-Umräum-Hektik ausbricht, lässt uns das hoffen. Und tatsächlich, sie nehmen uns mit. Die Mutter versichert sich, dass wir am Rücksitz angeschnallt sind und dann geht es los.

 

Für uns hat sich dieser Besuch total ausgezahlt und sofern man die Möglichkeit hat, sollte man unbedingt die Hochsaison meiden, damit das Erlebnis seine Magie nicht verliert. Gizmo hat sich in der Zwischenzeit mal wieder so richtig gut ausgeschlafen und das Zebra bewacht – wir sind happy!

 

 

Am nächsten Tag stehen wir um 9.00 auf der Matte des Mechanikers – der verzweifelt immer noch mit dem gebrochenen Rahmen des Pick-Ups, äh, Camionetta. Er hat noch keine Zeit. Jetzt beginnen wir langsam zu verzweifeln. Er verspricht, dass er bis zum Abend fertig ist – wir sollen morgen um die selbe Zeit wieder kommen. Wir ziehen wieder mal ab. Hm – wir haben einen Tag „frei“. Vielleicht schauen wir uns doch mal das Dorf an? Wir bummeln etwas durch den Ort – irgendwie erinnert es um diese Jahreszeit an Obertauern kurz nach der Wintersaison. Noch nicht ganz ausgestorben, aber eigentlich nix mehr los. Es gibt diverse Eisbars – also Bars, die aus Eis gebaut sind – betreten für 25 Minuten im Plüschmantel und „all you can drink“. Da verzichten wir mal. Aber einem guten Cerveza „Patagonia“ und einer warmen Pizza sind wir nicht abgeneigt. Wider erwarten ist die Pizza hervorragend, das feiern wir gleich mit einem zweiten Bier. Wir besuchen noch den örtlichen Optiker, um unsere Brillen nachjustieren zu lassen (das wäre eine eigene Geschichte) und kehren dann zu Gizmo zurück.

 

Wieder mal – am nächsten Morgen – finden wir uns vor Pablo´s Werkstatt ein. Es ist 9.30 – wir haben gelernt (+ eine halbe bis Stunde geht immer). Noch niemand da. Dafür gesellt sich der Besitzer des Campers mit der Absetzkabine dazu, in der er seit Montag im Hof geschlafen hat, während Pablo am gebrochenen Rahmen arbeitet. Er meint, vor 10.00 kommt ohnehin niemand. Gerardo aus Chile kann sehr gut Englisch und während wir uns unterhalten, vergeht die Zeit wie im Flug bis 10.20. Wie er schon befürchtet hat, wird man heute mit seinem Auto wieder nicht fertig werden und nun gibt es unseres auch noch. Schnell wird telefoniert und Helfer herbeigerufen. Zum Glück ist Gerardo da, er kann für uns übersetzen. Nach dem ersten Reparatur-Vorschlag von Pablo, der sicher für einige Zeit gehalten hätte, aber nicht für 2 unserer Reisejahre, bitten wir ihn, unser Zebra so zu reparieren als wäre es seines. Irgendwie passiert dann etwas in seinem Gesicht und wir merken, er hat verstanden. In der Folge gesellen wir uns dann in die illustre Übernachtungsrunde im Hof des Mechanikers und Pablo und seine Freunde arbeiten die nächsten 2 Tage parallel am Auto von Gerardo und am Zebra. Am Nachmittag des Karfreitag werden dann beide Fahrzeuge rechtzeitig vor Ostern fertig. Alle verabschieden sich herzlich voneinander und wir vereinbaren ein Treffen in Santiago de Chile mit Gerardo.

 

Wir verlassen nun El Calafate mit einem fitten Zebra in Richtung Rio Gallegos. Hier müssen wir mit Gizmo zum Tierarzt und uns dann um das SENASA Zertifikat für seinen Grenzübertritt nach Chile kümmern. Von hier geht’s für uns nun endlich weiter nach Feuerland.

 


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