Andalgalá – Concepción – Santiago del Estero

– Restistencia/Corrientes – Mercedes

 

Am 22. August geht es für uns schließlich Richtung Osten – also grob gesagt: Richtung Brasilien. Wir nehmen die nächste malerische Bergstraße, wenngleich diese etwas breiter ist, als die RP 47 – es begleiten uns Condore den ganzen Weg über. Wir bleiben stehen, um diese herrschaftlichen Tiere zu beobachten. Sie sind überhaupt nicht scheu – fast etwas bedrohlich – wie sie da sehr nah über unseren Köpfen kreisen und direkt vor uns auf der Straße landen. Es scheint fast als wollten sie mich absichtlich etwas erschrecken, wenn ich da stehe und mit meinem Objektiv auf sie ziele. Am Abend finden wir einen würdigen Lagerplatz für Gizmo´s 6. Geburtstag – wir stehen neben den Ruinen eines alten Kolonialhauses und einem Turm in Schneckenform. Platz genug um Balli zu werfen und warm genug für das Lagerbier von Herrli und Frauli. Unser schönstes Geschenk des Tages ist, dass Gizmo das erste Mal seit Wochen wieder richtig frisst und zwar beherzt – ja, richtig gehört. Wer unseren verfressenen, aufgeweckten Buben kennt hat wahrscheinlich eben geglaubt, sich verlesen zu haben. Die letzten Wochen war Gizmo nicht gut drauf. Zum einen hat er mit Beginn des neuen Futtersacks (der gleichen Marke, wie auch in den anderen Ländern und die man überall auf der Welt bekommt) das Futter verweigert – wir konnten uns das überhaupt nicht erklären – so als ob es plötzlich ein anders Futter wäre. Deswegen oder auch weil die Pisten in der letzten Zeit sehr anstrengend waren (wir haben ja Schwebesitze) dürfte Gizmo so etwas wie den „Weltreise-Blues“ haben. Keine Trailtrainings mehr (mit uns allein ist das Trainieren auf Dauer fad), die Sozialkontakte fehlen (wir wollen einfach nicht, dass er zuviel mit Straßenhunden Kontakt hat) und nicht zuletzt sind die Weltreise und das viele fahren im Zebra definitiv mehr unser als sein Traum. Gizmo ist zwar nicht der typische, bequeme Labrador, aber was SEIN Betti, SEINEN Garten und SEINE Freunde (unsere Freunde, die nur zu Besuch kommen, um ihn zu streicheln) betrifft, so steht er definitiv auf Beständigkeit. Einziger Nachteil des neuen Futters: Gizmo wird völlig aufgedreht. Wir haben das schon mehrmals bei diversen Sorten bemerkt, dass er kurz nach dem Fressen völlig aufgedreht ist, wie auf Droge. Wir sind uns sicher, dass hier Happy-Pills ins Futter gemischt werden.

 

Am nächsten Tag verlassen wir unseren Lagerplatz zügiger als sonst – offensichtlich verstellt das Zebra einem Stier den Weg. Die Trampelpfade haben wir bemerkt, nun sehen wir einen der Benutzer. Da wir nicht wissen ob die Gerüchte um die Farbe rot betreffend der Reizbarkeit von Stieren zutreffen, schauen wir lieber, dass wir das Zebra schnell aus der Schusslinie bringen.

 

Am Weg die Bergstraße runter in Richtung Concepción wird die Vegetation wieder dichter und grüner, Farne, Schlingpflanzen, Orchideen und grüne üppige Wälder prägen das Bild. In Concepción selbst stocken wir nur unsere Vorräte auf und unser Lagerplatz an der Embalse Hondo ist ein „Besser als nix“ Platz. Wir können uns nur bedingt verstecken und zweimal laufen uns beim Gassi-Gehen Hunderudel bellend und knurrend nach – entspannt ist was anderes.

 

In der Nacht gibt es heftigen Wind und unsere Erinnerung an den Ast im Dach des Zebras lässt uns mitten im kleinen Wäldchen (als Sichtschutz) nicht mehr gut schlafen. Am Morgen wird der Wind noch stärker und wir fahren besser aus dem Wäldchen raus zum Frühstücken.

 

Anschließend geht es weiter auf unserem Weg Richtung Osten – heute durchfahren wir Santiago del Estero – die Hauptstadt der gleichnamigen Provinz ist gleichzeitig die älteste Stadt Argentiniens. Der Versuch die beiden Kirchen „Iglesia Santo Domingo“ (hier befindet sich eine Kopie des Totentuchs von Christus) und „Iglesia San Francisco (ältester Franziskaner Stützpunkt in Argentinien) zu besuchen scheitern, weil beide geschlossen haben. Wir fahren also weiter.

 

Die Vegetation wird immer dichter und grüner, die Felder immer größer – wir kommen in subtropisches Gebiet und können schon mal für Brasilien üben. Santiago del Estero gehört zu den ärmsten Provinzen des Landes, die Menschen hier leben vorwiegend vom Ackerbau. Hauptsächlich wird Baumwolle angebaut, doch der wesentlich lukrativere Soja Anbau lässt den Anteil schwinden und nicht zuletzt fallen die ursprünglichen Wälder immer mehr der Rodung zum Opfer, um Platz für die Anbauflächen zu schaffen. Wir fahren vorbei an ärmlichen Siedlungen der Landarbeiter und feudalen Einfahrten zu den Ländereien und schicken Häusern der Großgrundbesitzer – hier leben ganz arm und ganz reich Tür an Tür. Da sich hier ein Feld an das nächste reiht bleibt uns für einen Lagerplatz genau das – ein kleiner Feldweg dazwischen. Die Grillerei unsere Fisches geht mächtig in die Hose – zumindest geschmacklich. Der Süßwasserfisch schmeckt nach Erde und Moos – sogar Gizmo verweigert. Dazu kommt eine regelrechte Fliegenplage, man kann kaum sprechen, ohne dabei eine Fliege zu verschlucken. Wir sind genervt und hungrig – zum Glück ist unsere Flasche Pisco noch halbvoll – jaja, Alkohol ist keine Lösung, aber gut gegen den Moosgeschmack!!

 

Am 26. August geht es für uns weiter Richtung Resistencia bzw. Corrientes. Weiterhin ist die Lagerplatzsuche in dem relativ dicht besiedelten bzw. landwirtschaftlich genutzten Gebiet eine Herausforderung. Auf so manchem Feldweg werden wir von neugierigen Einheimischen beäugt, definitiv kommen hier nicht viele Touristen in auffälligen Fahrzeugen vorbei. Im Gebiet von Chaco fahren wir auf die RN 16 auf – es geht nun hunderte Kilometer gerade aus.

 

In Corrientes, der wasserreichsten Region Argentiniens, nehmen wir die Abzweigung in den Süden Richtung Iberá. Von Mercedes führt die einzige ganzjährig befahrbare Piste Richtung Colonia Carlos Pellegrini. Wir müssen uns erst an das Bild der brennenden Straßenränder gewöhnen, angeblich ist es um die Zeit normal, dass Äcker abgebrannt werden bzw. das Gras am Straßenrand wegen des ganzen Mülls.

 

Die Esteros del Iberá sind nach dem Pantanal in Brasilien das größte Feuchtgebiet der Erde mit annähernd 13.000 km² Fläche. Die UNESCO prüft derzeit, ob eine Aufnahme ins Welterbe stattfinden kann. Es leben hier 350 Vogelarten, 125 Fischarten und zahlreiche Reptilien und Säugetiere. Weite Teile des Gebietes sind (noch) unberührt.

 

Wir legen heute mit dem Zebra eine Strecke von 270 km zurück – das ist für unsere Reisegeschwindigkeit sehr viel – dennoch schaffen wir es nicht mehr nach Mercedes. Unser Lagerplatz an einer Verbindungsstraße in einem aufgeforsteten Wald ist ziemlich laut und wir schlafen nicht gut.

 

 

Mercedes

 

Am nächsten Morgen erreichen wir Mercedes. Hier befindet sich die Wallfahrtsstätte des Volksheiligen Gaucho Gil. In jedem Land Südamerikas gibt es Geschichten über Wunder, die sich auf eine Person beziehen, die meist gewaltsam zu Tode kam und seither Wunder vollbringt. In Argentinien ist es „Gauchito Gil“. Wer durch Argentinien fährt, dem stechen die vielen roten Bänder bzw. roten Schreine, die die Straßen säumen, sofort ins Auge. Hier in Mercedes hat die Geschichte seinen Ursprung, hier wurde Gil getötet, weil er von den Reichen genommen und den Armen gegeben hat. Nach seinem Tod hat er ein Wunder vollbracht – er hat den Sohn seines Mörders das Leben gerettet. Seither wird er als Heiliger verehrt. Wer Sorgen hat oder auf ein Wunder hofft, der kommt hierher oder baut ihm einen kleinen Schrein. Bevor wir diesen skurrilen Platz verlassen, der eine Mischung aus Wallfahrtsort und Kitsch-Bazar ist, kaufen auch wir ein paar der roten Schutzbänder fürs Auto. Nur für alle Fälle – man kann ja nie wissen. Die Einheimischen fahren alle mit rotem Band am Auto, was nicht verwundert beim Fahrstil in Südamerika.

 


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