Tiwanaku - Titikaka

 

Tiwanaku

 

Am 27. Dezember schließlich geht es für uns raus aus La Paz – wir alle drei freuen uns endlich wieder in die Natur zu kommen. Die Zeit für Großputz und diversen Servicearbeiten am Zebra war schon notwendig und auch für uns eine Art Erholung, aber nun haben wir auf dem Parkplatz des Hotels langsam ein bisschen „Knast-Feeling“ bekommen.

 

 

Wir kommen heute gerade noch bis zu den Ruinen von Tiwanaku – einem UNESCO Weltkulturerbe, das wir dann morgen besichtigen wollen. Wir lagern am Parkplatz der Stätten und stehen mitten unter den Verkaufsständen und gegenüber des Eingangs – am Abend wird es aber ruhig und wir schlafen gar nicht mal so schlecht. Die zahlreichen Hunde halten Abstand – lediglich eine sehr unsichere, hungrige Hündin sucht sich ihren Schlafplatz im Respektabstand zum Zebra – sie tut mir leid – wie alle Straßenhunde, vor allem die weiblichen. Sie sind quasi dauerschwanger ein Leben lang, werden während der Zeit ihrer Läufigkeit schier von Rüden eingekesselt. Hormone hin, Hormone her – viele versuche sich trotzdem zu wehren, man sieht ihnen an, wie müde und abgekämpft sie vom Straßenleben sind, von den unzähligen Schwangerschaften und dem Überlebenskampf auf der Straße für sich und ihre Welpen. Auf dieser Reise sind wir oft wütend oder traurig, wenn wir das Schicksal der Tiere sehen und die Gleichgültigkeit und Rohheit der Menschen, die das alles verschulden. Speziell in Bolivien und dann auch in Peru hat man keine guten Karten, wenn man als Tier inkarniert. Die Menschen hier haben einen sehr harten und rohen Umgang untereinander - vor allem die indigene Bevölkerung – und noch viel schlimmer ist es gegenüber Tieren. Natürlich sieht man auch mal Ausnahmen – aber die Regel ist ein respektvolles Verhalten gegenüber Tieren jeglicher Art leider nicht.

 

Am nächsten Morgen nach dem Frühstück marschieren wir gleich als erste Besucher zum Eingang. Wie meist an solchen touristischen Attraktionen wird weder unser Lächeln noch unser Gruß erwidert und dafür im Gegenzug lediglich der Geldbetrag genannt, den wir zu bezahlen haben. Im Charme schwer zu übertreffen, die Indigenen hier und langsam freuen wir uns, von dieser schlechten Stimmung weg zu kommen und hoffen auf bessere, in Peru. Wir beißen die Zähne zusammen, zahlen (7 Mal soviel wie ein Einheimischer!) und lassen uns nun auf diese wichtigste präkolumbische Anlage Boliviens ein. Viel sieht man nicht mehr – die Steine wurden in alle Himmelsrichtungen verteilt und zum Beispiel für den Bau von Kirchen verwendet. Dass überhaupt noch etwas davon steht, ist dem österreichischen Ingenieur Arthur Posnansky zu verdanken, dessen Lebenswerk die Erforschung von Tiwanaku war. Die Tiwanaku Kultur existierte im Zeitraum zwischen 1000 vor bis 1000 nach Christus. Man weiß bis heute nicht viel über diese Kultur und schon gar nicht, warum sie plötzlich verschwunden ist.

 

 

Titikaka See

 

Von hier geht es für uns nach Copacabana – also Richtung Titikaka See. Bevor wir hier nach Peru einreisen, wollen wir noch die Gegend am Titikaka See besichtigen. Die Isla del Sol und die Isla de la Luna möchten wir erkunden, ebenso ein Bootsfahrt mit einer Balsa unternehmen.

 

Einen Nachtlagerplatz zu finden war nicht leicht – das Gebiet ist dicht besiedelt und Abgeschiedenheit suchen wir vergeblich. Wir stellen uns in einem kleinen Fischerdorf an den See – leider gut sichtbar von allen Seiten – aber was solls. Gizmo darf nach langer Zeit wieder baden und freut sich. Gerade rechtzeitig holen wir ihn raus, denn 2 Minuten später kippt eine alte indigene Frau einen Schubkarren von Schlachtabfällen ins Wasser – der Zweck der Aktion erschließt sich uns nicht – sehen wir nirgends Fische. Lediglich die Möwen sind hier derartig aggressiv, dass sie den um seinen Ball schwimmenden Hund mehrmals angreifen. Der Platz ist wie fast jeder andere auch ziemlich vermüllt und ein „schönes-See-Feeling“ kommt ohnehin am Titikaka See nicht auf bei uns – jeder unserer Seen in Österreich kann mit diesem leicht mithalten – warum die Leute so viel Aufhebens machen um ihn? Keine Ahnung. Wer wiederum Berglandschaft und Süßwasserseen nicht kennt, dem gefällt es nach dem geistigen Ausblenden des Mülls bestimmt!

 

Wir beginnen mit dem Abarbeiten unserer Wunschliste – 1.: Fahren mit einer Balsa – das ist schwerer als gedacht. Zum einen muss man erwähnen, dass das Gebiet am Titikaka See so derartig touristisch ist – also wirklich authentische Plätze und Attraktionen zu finden ist sehr schwer. Dazu kommt, dass die Preise (wie überall an touristischen Orten in Bolivien) unverschämt und schier Fantasie-Preise sind. Da wir keinen besseren Platz finden, nehmen wir eine Empfehlung von iOverlander. Das Balsa Museum einer Familie. Hier werden Balsas gebaut und die beiden Brüder leben von der Geschichte ihres Vaters, der mit Thor Heyderdahl mehrmals den Pazifik in selbstgebauten Balsas überquert hat. Die Frauen der Brüder bieten (angeblich) selbst gewebte Teppiche an, die Pullover sind zumindest China-Massenware. Die Fahrt mit der Balsa kostet nicht wenig Geld – und im Endeffekt ist es keine echte. Man erklärt uns, dass man eine Balsa jedes Jahr erneuern muss, daher bauen sie die Schiffe lieber aus Holz und überziehen sie mit Schilf. Ja, eh! Sie würden eine der schwimmenden Inseln anfahren – heute leben die Urus zwar dort nicht mehr, aber sie haben kleine Verkaufsstände auf den Inselchen. Wir könnten froh sein, denn in Copacabana würden den Touristen künstliche schwimmende Inseln als echte verkauft werden. Pfff – was solls. Wir sind da, wir wollten unbedingt mit einer Balsa fahren – nehmen wir halt die „Fast-Balsa“ und fahren zur angeblich echten schwimmenden Insel – die echten kennen wir ja im Prinzip schon vom Reservat Iberá in Argentinien.

 

Die schwimmende Insel ist eine Enttäuschung – zum einen sind die Uros nicht da – man will uns weiß machen, sie wären fischen – naja. Viel mehr scheint es, als ob sie sich in der Nebensaison das sitzen auf den Inseln nicht antun wollten. Die Verkaufshütten sind völlig leer – eine Klohütte haben sie hier auch noch – wir wollen gar nicht drüber nachdenken, wohin der Inhalt direkt nach Verrichten der Notdurft hingehen wird. Wir fahren retour – was soll man sagen – hätten wir uns leider sparen können.

 

 

Nach diesem irgendwie enttäuschenden Erlebnis müssen wir mal nach Copacabana um einiges zu Besorgen. Der Ort scheint das Lignano oder Jesolo vom Titikaka See zu sein. So touristisch hatten wir es schon lange nicht mehr – ein unglaublicher Trubel. Wir suchen schnell das Weite und gehen zum 2. Punkt unserer Liste über: das Organisieren unserer Überfahrt zu den Islas del Sol und de la Luna. Hier befinden sich diverse archäologische Stätten, die wir uns ansehen wollen. Wir fahren direkt in ein Fischerdorf und verhandeln Ort und Zeit für morgen, um zu den Inseln gebracht zu werden. Super – na das hat wenigstens geklappt.

 

Wir finden einen tollen Nachtlagerplatz – wir haben endlich wieder mal Ruhe und Ungestörtheit – nicht leicht zu finden hier – aber für heute sind wir glücklich. Gizmo kann frei laufen und wir haben einen schönen Sonnenuntergang.

 

 

Am 30. Dezember 2018 läutet unser Wecker unverschämt früh. In der Nacht hat es gewittert und geregnet – das ist nicht gut. Bei Abfahrt vom Hafen regnet es noch immer. Zuerst legen wir an der Isla de la Luna an. Wir sind zur frühen Stunde die einzigen Gäste, es regnet in Strömen, als wir die Stufen zum Tempel „Palacio de las Virgenes del Sol“ hochklettern. Die kleine Anlage ist schnell besichtigt, die Stände mit der indigenen Einheitsware aus China schnell passiert. Die Dame, die den Insel-Eintritt kassiert dürfte verständigt worden sein, dass frühe Touristen angekommen sind – erst beim Verlassen der Insel passt sie uns ab und verlangt ihr Geld.

 

Nun geht es zur Isla del Sol – hier tun die Inselbewohner des Nordens seit einiger Zeit das, was sie am Besten können in Bolivien: blockieren – und zwar die Nord-Südverbindung. Man kann also weder die Ruinen im Norden besichtigen, noch die Inselstraße von Süd nach Nord wandern. Daher hatten wir gestern mit dem Bootsfahrer ausgemacht (haben wir auch so von anderen gehört), dass er beide Teile mit dem Boot anfährt. Als wir nun fragen, ob er denn zuerst den Norden oder den Süden anfahren würde, verneint er plötzlich und meint, den Norden kann man nicht anfahren, wäre zu gefährlich. Die Bewohner würden mittlerweile mit Steinen auf die Boote werfen und außerdem wäre es soviel Treibstoff – das kostet mehr. Aber wenn wir extra zahlen (einen ziemlich hohen Betrag), dann würde er schon in den Norden fahren. Wir ärgern uns schon wieder, wir hätten es besser wissen müssen – Handschlagqualität gibt es in Bolivien nicht. Dann halt nicht. Wir fahren nach Yumani in den Süden – von hier wollen wir zumindest die südlichen Teile erkunden. Der Fahrer des Bootes erklärt uns, er würde uns in 2 Stunden abholen. Wir erklären ihm, dass wir gestern einen ganzen Tag ausgemacht hätten und dass wir sicher nicht in 2 Stunden da sein würden – er verzieht das Gesicht und meint, das schafft man leicht in 2 Stunden. Wir erklären ihm wiederum, dass wir nicht auf der Flucht wären und uns Zeit lassen werden – sollte er weg sein – auch gut, hier legen so viele Boote an, wir kommen schon von der Insel.

 

 

Wir marschieren los – und zwar nicht den von ihm mehrmals eindringlich empfohlenen Weg, sondern einen schönen Rundweg, der über einen Aussichtspunkt auf die andere Seite der Insel führt. Die beste Entscheidung, wir haben unsere seelige Ruhe und einen schönen Wanderweg mit netter Aussicht auf den See. Bei der Rückkehr zum Boot sitzt denn auch plötzlich die Frau des Bootsführers an Bord – wie kann es anders sein – mit einem großen Sack an „China-Artesanales“, von denen wir definitiv kein Stück haben wollen. Die Krönung ist dann ihre Frage bei unserem Verlassen des Bootes nach einer „Propina“ - Trinkgeld – ich drehe mich verwundert um und frage neugierig, wofür sie denn gerne ein Trinkgeld hätte? Ja, fürs 2,5 Stunden Warten auf uns!!!

 

 

Heute müssen wir nochmals kurz nach Copacabana um ein paar Vorräte aufzustocken. Schon am Vormittag zeichnet sich ab, dass es Haimo nicht gut geht – Übelkeit macht ihm zu schaffen. Wir haben beide das gleich gegessen und können uns nicht erklären, warum nur er Probleme hat. In einem kleinen Lokal hoffen wir auf die Wirkung des weltweit bekannten dunklen Getränks und verschicken schnell ein paar Neujahrswünsche in die Heimat. Da wir aus bekanntlichen Gründen nichts essen können/möchten und die unfreundliche Bedienung auch nicht gerade Appetit macht, verneinen wir höflich – worauf das Wlan (wir sind die einzigen Gäste) kurzerhand abgedreht wird. Wie entzückend.

 

Zurück am Zebra lassen wir den letzten Tag des Jahres gemütlich ausklingen – sitzen noch etwas in der Sonne bis es zu kühl wird. Mittlerweile sind wir beide leidend, Haimo mit Magen- und Darmschmerzen, ich mit Migräne – feiern und auf dem Tisch tanzen wird es wohl heuer nicht werden. Das weit entfernte Feuerwerk über Copacabana können wir gerade mal sehen – Gizmo zum Glück nicht hören – somit hat zumindest unser Bub ein schönes und stressfreies Silvester.

 

 

Unser Resümee zu Bolivien:

Das Land bietet unglaubliche landschaftliche Schönheiten und im Osten hat man auch noch ein bisschen das Gefühl, willkommen zu sein. Sobald es Richtung Altiplano und Berglandschaft geht, ist damit leider Schluss – zumindest nach unserer Erfahrung. Schade, damit hatten wir nicht gerechnet!

 


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